Information zu Krebserkrankung Ihsan Cibelik

Information der Verteidigung im sog. DHKP-C Verfahren vor dem OLG Düsseldorf

23.02. 2024

Konkret geplante Krebs-Operation von Ihsan Cibelik ohne Angabe von Gründen verschoben – mit seinem Leben und seiner Gesundheit darf nicht länger gespielt werden!

Ihsan Cibelik leidet an Prostata-Krebs, der sich nach letzten Informationen verschlimmert. In der Hauptverhandlung am 23.01. 2024 hatte Ihsan Cibelik erklärt, dass er seinen Hungerstreik unterbricht, nachdem sein Recht auf eine Operation anerkannt und ein Operationstermin in der Universitätsklinik Köln bestimmt wurde. Mit der Anerkennung dieses Rechts wurde – auch aufgrund der öffentlichen Proteste – ein wichtiger Erfolg. Ihsan Cibelik sollte in einer dreiwöchigen Verhandlungspause zwischen dem 31.1. und 21.2. 2024 operiert werden. Dazu waren alle nötigen Absprachen auch seitens der JVA und der dortigen Ärzte getroffen worden.

Am 15.2. 2024 wurde Ihsan Cibelik seitens der JVA (Justizvollzugsanstalt Köln) informiert, dass der Direktor der Klinik für Urologie, Uro-Onkologie, spezielle urologische und roboter-assistierte Chirurgie und Leiter des Uro-Onkologischem Zentrums Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Axel Heidenreich interveniert habe und die Operation abgesagt wurde. Er informierte seine Verteidiger, die den 7. Strafsenat informierten, der hiervon bislang keine Kenntnis hatte.

Ihsan Cibelik ist seit über Monaten in Untersuchungshaft. Seit seiner Festnahme in der Nacht vom 17. auf den 18. Mai 2022 wird das Recht von Ihsan Cibelik seitens der Verantwortlichen geringgeschätzt und objektiv mit seinem Leben und seiner Gesundheit gespielt.

Dies wurde auch in der Hauptverhandlung am 21.02. 2024 deutlich. Die Verteidigung sprach diesen Vorgang in der Hauptverhandlung an und kritisierte ihn als unsägliche Missachtung des Rechts auf Gesundheit und Leben.

Der Vorsitzende des Senats erklärte hierauf, der Senat sei selbst überrascht über diese Entwicklung. Diese sei zwar zu bedauern, aber der Vorgang sei nicht Gegenstand der Hauptverhandlung. Seitens des Vertreters des Generalbundesanwalts wurde keine Erklärung abgegeben.

Nachdem die Verteidigung von Ihsan Cibelik beantragte, ihm das Wort zu erteilen, da er eine kurze Erklärung zu diesen ihn sehr belastenden Vorgang abgeben wollte, wurde ihm dies seitens des Senatsvorsitzenden verweigert.

Die Verteidigung kritisierte diese nicht nachvollziehbare Haltung und Ihsan Cibelik, der ja seinen 38-tägigen Hungerstreik im Hinblick auf die Zusage dieser Operation unterbrochen hatte, beanstandete ebenfalls die Haltung des Senats. Auch seitens von BesucherInnen der Verhandlung gab es Protestrufe wie „Ihsan ist nicht allein!“ und „Ihsan Cibelik hat ein Recht auf medizinische Behandlung“.

Der Senat änderte seine Haltung nicht. Für diese Verweigerung des Rederechts gab es keinen sachlichen Grund. Sie war willkürlich. Bereits aus allgemein menschlichen Gründen wäre es angemessen gewesen, wenn der Senat den krebskranken Ihsan Cibelik hätte reden lassen.

Stattdessen erklärte der Vorsitzende des Senats unvermittelt, dass die Hauptverhandlung für diesen Tag beendet sei und am 27.02. 2024 um 10:30 Uhr fortgesetzt wird.

Der Vorgang macht erneut deutlich, wie Ihsans Recht auf Gesundheit und Leben seitens der Justiz, der JVA und jetzt auch konkret seitens der Uni Klinik Köln – einer öffentlichen Einrichtung – geringgeschätzt wird. Nachdem zunächst fast 16 Monate die Biopsie verschleppt wurde, wird nun seit fast 6 Monaten die notwendige Operation verzögert.

Allen beteiligten ist bekannt, dass bei einer zügigen Operation noch die Möglichkeit einer Heilung von Prostatakrebs besteht. Je mehr Zeit verstreicht, um so größer ist die Gefahr, dass sich der Krebs über den Prostatakern hinaus verbreitet und damit einen unheilbaren Verlauf nimmt, der tödliche Folgen hat.

Der Vorgang ist empörend, nicht nur was das Leben von Ihsan Cibelik angeht. Er zeigt auch auf, wie gering das Recht auf eine menschenwürdige und gründliche ausreichende Gesundheitsversorgung von Gefangenen geschätzt wird.

Derartige Dinge dürfen nicht einfach still im Verborgenen geschehen.

Mit dem Recht auf Leben, das auch das grundlegendste Recht politischer Gefangener ist, darf nicht gespielt werden.

Ihsan Cibelik muss sofort freigelassen und operiert werden.

Informationen zum bisherigen Verlauf:

  • Mai 2022: Ihsan Cibelik befindet sich wegen einer Prostataerkrankung in fachärztlicher Behandlung. Da Krebsverdacht bestand, sollte im Mai 2022 eine Biopsie erfolgen.
  • 18.Mai 2022: In der Nacht vom 17. auf den 18. Mai 2022 erfolgt seine Verhaftung. Bereits bei der Vorführung zum Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof (BGH) wurde von Ihsan Cibelik und seinem Rechtsanwalt mitgeteilt, dass er eine Prostataerkrankung habe und in den nächsten Tagen bei ihm eine Prostatabiopsie durchgeführt werden sollte. Dies wurde in das Protokoll aufgenommen und seitens des Ermittlungsrichters ausdrücklich der Leitung der JVA Köln mitgeteilt. Die Verantwortlichen der Justizvollzugsanstalt Köln haben dies zur Kenntnis genommen und sind seit dem 18. Mai 2022 über die ernste gesundheitliche Situation von İhsan Cibelik und Notwendigkeit einer Biopsie informiert gewesen. Bei einer Biopsie handelt es sich um einen medizinisch einfachen Eingriff.
  • 24.07. 2023: Erst aufgrund von Protesten wurde Ihsan Cibelik am 24.07. 2023 – 14 Monate nach seiner Inhaftierung in die Universitätsklinik Köln gebracht, um eine Biopsie durchzuführen. Er war an Füßen und Händen gefesselt die auch bei der ärztlichen Untersuchung nicht losgebunden wurden. Dazu sagte später İhsan Cibelik, er habe „die Behandlung unter diesen erniedrigenden und inhumanen Bedingungen abgelehnt“, um die Menschenwürde zu schützen.
  • 06.09. 2023: Es kam zu einem weiteren Termin am 06.09. 2023, nach fast 16 Monaten, bei dem die Biopsie ohne Handschellen durchgeführt wurde. Es wurde Prostatakrebs diagnostiziert. Eine Operation zur Entfernung der Prostata war erforderlich.
  • 13.11. 2023: Die Verteidigung beantragt seine Freilassung zur zügigen Durchführung einer Operation zur Entfernung der Prostata. Dazu war Kontakt mit der wohl führenden Klinik zur Behandlung von Prostatakrebs in Hamburg aufgenommen worden. Eine Operation hätte dort durchgeführt werden können.
  • 12.12. 2023: Seitens des 7. Strafsenats – später bestätigt durch den BGH – wurde eine Haftunterbrechung abgelehnt, da eine sofortige Operation zur Entfernung der Prostata nicht erforderlich sei. Ihsan Cibelik habe zwar ein Recht auf eine Operation, die Verantwortung für die Organisation dieser Operation habe jedoch die Gefängnisverwaltung. Es läge also keine Situation vor, die seine Freilassung erfordert. Darüber hinaus kommen die Richter zum Schluss: „Wenn er freigelassen wird, wird er wahrscheinlich fliehen.“ Der Grund für diese Rücksichtslosigkeit, die viel über die Einstellung der Richter des Staatsschutzsenats sagt, läge in folgendem: „Da Ihsan bereits weiß, dass eine sofortige Operation nicht notwendig ist, wird er sich bei einer Entlassung dafür entscheiden, zu fliehen, anstatt sich dieser Operation zu unterziehen.“ Nach Ansicht der Verteidigung stellen die Entscheidungen des OLG Düsseldorf und des BGH eine Missachtung der Artikel 1 und 2 der deutschen Verfassung (Grundgesetz-GG) dar. Artikel 1 Absatz 1 GG schützt die Menschenwürde. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Und Artikel 2 Absatz 2 GG lautet: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Mit den Entscheidungen usurpierten das OLG und der BGH İhsan Cibeliks Recht, die von ihm gewünschte und wegen seiner Krebserkrankung notwendige Operation in einem Krankenhaus seiner Wahl durchführen zu lassen. Die Verteidigung hat dem Gericht zahlreiche medizinische Berichte, Dokumente und Beweise vorgelegt, dass İhsans Cibelik Zustand ernst war und ist.
  • 19.12. 2023: Ihsan Cibelik tritt aus Protest gegen die Ablehnung seines Antrags auf Haftunterbrechung in den Hungerstreik.
  • 23.01. 2024: In der Hauptverhandlung wird bekannt, dass eine konkrete Zusage einer Operation in der Universitätsklinik Köln während der Verhandlungspause in den nächsten Wochen vorliegt. Ihsan Cibelik erklärt deshalb, dass er seinen Hungerstreik unterbricht.
  • 15.02. 2024: Ihsan Cibelik erfährt durch die JVA, dass diese Operation nicht stattfindet, Gründe hierfür werden ihm nicht genannt.
  • 22.02. 2024: In der Hauptverhandlung wird dies von Ihsan Cibelik und seinenVerteidigern angesprochen. Ein neuer Termin für eine Operation – möglicherweise in einer anderen Klinik – ist nicht bekannt. Nur mit der sofortigen Durchführung der Operation zur Entfernung der Prostata besteht medizinisch eine etwa 90% Chance auf sofortige vollständige Heilung.

Durch die Verweigerung der Haftunterbrechung und jetzt auch der Nichtdurchführung der Ihsan Cibelik zugesagten Operation wird ihm diese Möglichkeit genommen und die schwerwiegende Schädigung seiner Gesundheit mit tödlichen Folgen in Kauf genommen.

Weitere Information: https://dhkpcverfahren2023129b.wordpress.com/

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